Sozialismus von unten
Magazin für antikapitalistische
Debatte & Kritik

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Nr. 6, Frühjahr 2001

[Inhaltsverzeichnis SVU Nr.6]


Saral Sarkar: Eco-Socialism or Eco-Capitalism. A Critical Analysis of Humanity’s Fundamental Choices. Zed Books, 1999, 320 S.

Öko-Sozialismus – nur durch Verzicht möglich?

Dieses leider bisher nur auf Englisch erschienene Buch des Kölner Antikapitalisten Saral Sarkar stellt die Frage, wie die Menschheit und unser Planet vor dem ökologischen Kollaps gerettet werden können. Sarkar übt eine vernichtende Kritik an der ökologischen Zerstörung in den sogenannten "realsozialistischen Staaten", um dann die Illusionen in den "Öko-Kapitalismus", sprich in die ökologische Reformierbarkeit des Marktes, zu zerstreuen. Darauf aufbauend entwickelt er ein Plädoyer für eine sozialistische Gesellschaft, die die ökologischen Grenzen der Erde mit einbezieht, ein Modell, das Sarkar als Öko-Sozialismus bezeichnet.

Die ökologische Bilanz Rußlands ist erschreckend: Kollaps des Baikal-Sees, Desertifizierung (Wüstenbildung) ganzer Landstriche durch industrielle Landwirtschaft und Umleitung ganzer Flüsse, Verseuchung der Luft, der Flüsse und Seen mit industriellen Giftstoffen und Pestiziden, Raubbau an Wäldern und Ausrottung vieler Tier- und Pflanzenarten. Sarkar benennt den Drang Rußlands, mit dem Westen industriell gleichzuziehen, als eine Ursache dafür, daß zusätzliche Kosten, die eine ökologischere Produktion verursacht hätten, von der neuen privilegierten Schicht als "unnötiger Luxus" abgelehnt wurden. Doch die Hauptursache des ökologischen und sozialen Zusammenbruchs der Sowjetunion sieht Sarkar in der Begrenztheit von Ressourcen und der "negativen Energiebilanz"; einer immer weiter steigenden Industrieproduktion.

Das Haupthindernis einer Ökologisierung des Kapitalismus sieht Sarkar in der durch Profitstreben und Expansionsdrang erzeugten Verschwendung und Kurzfristigkeit der Produktion. Mehr Wirtschaftswachstum bedeute mehr Ressourcenverbrauch. Dementsprechend sieht sein Modell des Öko-Kapitalismus eine drastische Senkung des materiellen Wohlstandes in den Industriestaaten und eine Bekämpfung des Bevölkerungswachstums vor.

Das Buch ist durch seine detaillierte Auseinandersetzung mit verschiedenen gesellschaftlichen Ansätzen der Ökologie-Bewegung lesenswert. Über die Grundanalyse und Perspektive sollte man sich aber streiten. Gerade bei Marx findet man eine philosophische Grundlage, um die Trennung zwischen Geist und Materie, Mensch und Natur aufheben zu können. Ökologische Zerstörung ist nicht ein ewiges Gesetz, sondern ist in der historisch sich verändernden gesellschaftlichen Aneignung der Natur begründet. Die Unterordnung des Menschen und der Natur unter den Zwang der Kapitalakkumulation erklärt die Zerstörungswut im Westen wie auch im Ostblock. Natur ist Veränderung. Daher geht es nicht nur um den Verbrauch von "endlichen Ressourcen"; sondern um die Art und Weise, wie wir sie umwandeln. Eine Gesellschaft mit materiellem Wohlstand (nicht mit warenfetischisiertem Konsum und Atombomben) und ökologischer Produktion muß das Ziel einer antikapitalistischen Umwälzung sein. Sie wäre auch heute schon realisierbar.

Oliver Pye




Sozialismus von unten, Nr. 6, Frühjahr 2001